DEMO

Im europäischen Konsortium "EUROfusion" wird zurzeit intensiv an einem Konzept für einen ersten Demonstrations-Fusionsreaktor (DEMO) gearbeitet.

Dieser soll in seinen Leistungsdaten wesentlich über das Fusionsexperiment "ITER" hinausgehen: DEMO soll zum ersten Mal eine elektrische Leistung von einigen Hundert Megawatt in das Stromnetz einspeisen, und soll eine hohe Verfügbarkeit demonstrieren, als Voraussetzung für die nachfolgende kommerzielle Nutzung der Fusion in einem Kraftwerk.
Um diese Ziele zu erreichen, muss DEMO einen höheren Plasmadruck und damit eine höhere Leistungsverstärkung Q = P_fus/P_ext als ITER erreichen, längere Plasmapulse sowie eine längere Haltbarkeit aller Komponenten.
Mit der hohen Verfügbarkeit sowie der großen Fusionsleistung von DEMO ergibt sich im Vergleich zu ITER ein wesentlich höherer Verbrauch an Tritium. Dieser überschwere Wasserstoff ist ein instabiles Isotop und wird im bislang auf der Erde im Wesentlichen nur als Nebenprodukt in Kernspaltungsreaktoren erzeugt. Die daraus weltweit verfügbare Menge von derzeit einigen 10 kg Tritium reicht zwar für den Experimentbetrieb an ITER aus, nicht aber für DEMO. Daher soll an einem DEMO-Reaktor die benötigte Tritium-Menge vollständig vor Ort in einem „Brut-Blanket“ erzeugt werden, welches das heiße Fusionsplasma umgibt. Die aus dem Plasma emittierten Neutronen dringen in das Blanket ein und reagieren dort mit Lithium, so dass Tritium und Helium entstehen. Das entstehende Tritium-Gas wird dann aufgefangen und dem heißen Fusionsplasma zugeführt. Die zweite benötigte Komponente des
Fusionsbrennstoffs, Deuterium, kommt auf der Erde in praktisch unerschöpflichen Mengen im Meerwasser vor.
Das europäische DEMO Konzept beruht wie ITER auf dem torusförmigen magnetischen Einschluss nach dem „Tokamak“-Prinzip. Hierbei wird das heiße Plasma von einem Magnetfeld eingeschlossen, welches durch supraleitende Spulen sowie durch einen im Plasma fließenden Strom erzeugt wird. Die große Herausforderung besteht darin, das mehr als 100 Millionen Grad heiße Plasma und die aus dem Plasma entweichenden Wärme- und Teilchenflüsse so stabil zu kontrollieren, dass die Wände der Brennkammer die Wechselwirkung mit dem Plasma langfristig überstehen.
Nach den aktuellen europäischen Studien könnte ein DEMO Tokamak-Reaktor etwa folgende Betriebsparameter aufweisen:

Plasmavolumen
2500 m
Magnetfeldstärke
5.7 Tesla
Plasmastrom

20 Mega-Ampere

Fusionsleistung
2000 MW
Elektrische Ausgangsleistung
500 MW
Pulsdauer
2 Stunden
Betriebsbeginn
ca. 2050

DEMO Designstudie

Die Entwicklung von DEMO wird hinsichtlich Physik und Technologie auf viele Erkenntnisse zurückgreifen, die bei Bau und Betrieb von ITER erzielt werden. Dennoch muss die Entwicklung eines Konzepts für DEMO bereits begleitend zu ITER heute begonnen werden, um mit DEMO-spezifischen Forschungsarbeiten diejenigen offenen Fragen zu klären, die bei ITER voraussichtlich nicht beantwortet werden. So sind z.B. an DEMO die Anforderungen an die Haltbarkeit von Materialien sowie an die Stabilität des Plasmabetriebs nochmals wesentlich höher als an ITER. Für die Machbarkeit der kommerziellen Fusionsenergie wird auch die praktische Realisierung eines Brut-Blankets mit vollständiger Eigenversorgung des Tritium-Bedarfs (Tritium-Brutrate TBR > 1) entscheidend sein. Schließlich ergeben sich für DEMO sehr hohe Anforderungen für die Verlässlichkeit der Plasmakontrolle, und diese müssen mit einem im Vergleich zu ITER begrenzten Satz von Diagnostiken und Aktuatoren erfüllt werden.

In Europa wurde für die Entwicklung der Fusionsenergie in 2012 ein neuer Forschungsplan vorgestellt, in dem die wesentlichen Themen für die Entwicklung von DEMO definiert werden, mit dem Ziel, durch koordinierte Forschungsarbeiten bis zum Jahre 2050 die kommerzielle Stromerzeugung durch die Fusion zu realisieren. In Deutschland wurde bereits seit 2010 eine enge Zusammenarbeit der Fusionslaboratorien in Garching, Greifswald, Karlsruhe und Jülich begonnen, um gemeinsam den aktuellen Stand des Wissens in der Fusionsforschung festzustellen und die richtigen Weichen für die weiteren Forschungsarbeiten im Hinblick auf DEMO zu stellen. Jülich beteiligt sich an diesen koordinierten europäischen und deutschen Forschungsarbeiten zur Fusion im Rahmen seiner Kernkompetenzen: Plasma-Wand-Wechselwirkung, fusionsbezogene Materialforschung sowie Plasmadiagnostik und –kontrolle. Innerhalb der europäischen Fusionsforschung stellt Jülich die Projektleiter für die Arbeitspakete „Materialforschung“ (G. Pintsuk) sowie für  „DEMO Diagnostik und Kontrolle“ (W. Biel).

In Deutschland wird weiterhin ein alternatives Konzept für den Einschluss eines heißen Fusionsplasmas intensiv verfolgt. Beim so genannten Stellarator wird das einschließende Magnetfeld vollständig durch die Magnetfeldspulen erzeugt. Daher wird - anders als im Tokamak - kein Plasmastrom benötigt, so dass im Prinzip zeitlich unbegrenzte Plasmaentladungen möglich werden. Für die Untersuchung der Plasma-Wand-Wechselwirkung am Stellarator Wendelstein 7-X in Greifswald entwickelt Jülich Messapparaturen, beteiligt sich an der Vorbereitung und Durchführung von Experimenten, und führt Modellrechnungen durch.

Die Lösung der vielfältigen Probleme bei der Entwicklung von DEMO erfordert die enge Zusammenarbeit von Physikern und Ingenieuren verschiedener Fachrichtungen. Teilaufgaben in diesem Projekt können auch als Master- oder Doktorarbeiten vergeben werden.

Kontakt

Prof. Dr. Wolfgang Biel

Telefon 02461 61-5151
Telefax 02461 61-5452
w.biel@fz-juelich.de

Letzte Änderung: 20.09.2022